Garmin Varia Radar 511: das helle Auge nach hinten

Garmin hat mit dem Modell 511 das zweite, stark veränderte Modell seines Radar-Rücklichts herausgebracht. Wir haben es einige Wochen im Alltags- und Tourenbetrieb getestet.
Garmins neues VARIA Radar 511 mit Displayeinheit RDU

Schlanker, schicker, ausdauernder

Garmin stellte im Juli 2015 sein erstes VARIA Radarsystem 501 vor, dessen Grundidee auch im neuen System fortgeführt wird. Das Radarsystem ist ins Rücklicht integriert, und als Anzeige am Lenker dient entweder ein spezielles Display, „RDU“ genannt, oder es kann mit Garmins jeweils aktuellen Radcomputern gekoppelt werden – damals dem Edge 1000, heute dem Edge 1030 oder dem Edge Explore. Ab etwa 140 m Distanz (so die Werksangabe) werden herannahende Fahrzeuge durch einen Lichtpunkt auf dem Display sowie durch einen Warnton angezeigt. Bis zu acht verschiedene Fahrzeuge sollen hintereinander sichtbar werden.

Das alte Garmin VARIA Radar 501 mit RDU-Display

 

Das neue VARIA Radar – Modell 511 – zeigt sich nicht nur optisch wesentlich attraktiver, sondern auch in seiner Funktionalität deutlich weiterentwickelt. Mit 71 Gramm (plus 29 Gramm Befestigungseinheit) ist es zwar etwas schwerer als sein Vorgänger, macht dies aber durch eine wesentlich verbesserte Energieeffizienz wett.

Erst updaten, dann koppeln

Ein VARIA-Radargerät ist nur sinnvoll mit einer Anzeigeeinheit am Lenker. Dafür gibt es die spezielle Display-Einheit „RDU“ (diese haben wir nicht getestet). Praktischer erscheint der Einsatz eines passenden Garmin-Radcomputers, und hierfür haben wir uns den Edge Explore ausgesucht.

Nach einem Firmware-Update funktioniert die Verbindung zwischen unserem Edge Explore und dem VARIA Radar schnell und reibungslos (Einstellungen/Sensoren/Sensor hinzufügen). Dann erscheint die Sensor-ID-Kennung, in unserem Fall 203940. Die Verbindung zum Sensor wird übrigens über ANT + hergestellt, in der Regel zuverlässiger als Bluetooth.

Unter „Leuchten / Netzwerkoptionen“ sollte man dann bei „Licht aktiviert“ die Option „Beim Einschalten des Gerätes“ wählen. Dann zeigt sich das Varia-Radar sehr smart-komfortabel:  Schaltet man den Edge Explore ein, aktiviert sich die Radar-Rücklichteinheit. Schaltet man den Edge wieder aus, erlischt auch das Rücklicht. Bequemer geht es nicht. Ist das Radar aktiv, erscheint oben rechts im Display des Edge Explore ein Radar-Symbol (drei Funkwellen), und zwar über alle Menüseiten. Wird die Leuchteinheit manuell abgeschaltet oder befindet sie sich außer Reichweite, erscheint ein Warnhinweis im Display.

Optionen nur teilweise nutzbar

Das VARIA Radar verfügt über einige Optionen, die nur über das gekoppelte Display einstellbar sind. Hier könnte sich Garmin eine etwas einfachere Menüführung einfallen lassen, denn das VARIA Radar erscheint in der Sensoren-Anzeige doppelt, einmal als „Radar“ und zum anderen unter „Leuchten „. Ein getrennter Betrieb (zum Beispiel Radarfunktion ohne Leuchte) ist aber nicht möglich. Die einzige Anleitung auf Deutsch findet sich im Internet, das herunterladbare PDF-Handbuch gibt es leider nur in englischer Sprache, ebenso das Beratungsvideo. Beim „Lichtmodus“ erscheinen auf dem Display vier verschiedene Optionen, von denen allerdings nur eine („Individuell“) funktioniert: Das Rücklicht leuchtet, und zwar erfreulich hell. Auf Nachfrage erklärte uns Garmin, dass dies mit der deutschen StVZO-Bestimmung zusammenhängt. Das in der Schweiz verwendete Modell 510 beherrscht diese vier unterschiedlichen Lichtmodi. Bei herannahenden Fahrzeugen reagiert diese Ausführung zudem durch Blinken der Rückleuchte – das ist aber in Deutschland nicht erlaubt.

Helles Licht, lange Ausdauer

Schon beim ersten Einschalten zeigt sich: Das Rücklicht ist superhell und weithin sichtbar. Das allerbeste ist aber seine Ausdauer. Nach Garmin-Angaben soll es bis zu 10 Stunden durchhalten, aber dies wird in der Praxis deutlich übertroffen. Da wir in der Winterkälte nur relativ kurze Testfahrten durchführten, haben wir es drei Tage lang jeweils non-stop auf einer Messe eingesetzt. Nach acht Stunden Dauerbetrieb waren immer noch drei von fünf Balken der Akku-Anzeige vorhanden.  Zum Vergleich: Das alte 501er System war von Garmin gerade einmal mit vier Stunden Betriebsdauer angegeben.

Zum Aufladen dient eine Micro-USB-Buchse (also auch für übliche Powerbanks oder Smartphone-Ladegeräte geeignet). Während des Aufladens blinkt das VARIA-Radar grün, im Bereitschaftsmodus blauviolett.

Radar: auch schnelle Fußgänger werden erfasst

Das Radarsystem funktioniert erstaunlich gut. Nähert sich von hinten ein Fahrzeug, erscheinen auf dem Display rechts und links zwei orangefarbene Streifen, gefolgt von einem Piepston. An einer Seite des Displays (wählbar links oder rechts) taucht dann ein Leuchtpunkt auf, der sich langsam der eigenen Position nähert. Wenn das Objekt vom Radar nicht mehr erfasst wird, erscheinen die beiden Balken in grün. Rote Balken bedeuten, dass sich das Objekt mit hoher Geschwindigkeit nähert, und das konnten wir beispielsweise auf Landstraßen feststellen. Schade: Die Töne sind allerdings sehr leise. Aber dafür ist der Edge verantwortlich, nicht die Radareinheit.

Dabei reagiert das Radar nicht nur auf Kraftfahrzeuge, sondern auch auf Fahrräder und sogar Fußgänger. Das konnten wir ausgiebig bei unserem Messeeinsatz testen: Wenn Messebesucher schnelleren Schrittes auf unser Radar zugingen, lösten sie einen Impuls aus.

Zielgruppe Rennradfahrer

Im Großstadtverkehr ist das VARIA Radar sicherlich nur eine bedingte Hilfe, denn hier wirken zu viele Impulse auf das Gerät ein – ständig blinkt und piepst es. Als Zielgruppe benennt Garmin auf Nachfrage dann auch: „Rennradfahrer im ländlichen Raum„. Die freuen sich einerseits darüber, dass sie vor nachfolgenden Autos gewarnt werden, erkennen aber auch schnelle Verfolger. Wer sich hingegen anschleicht, kann auch dieses Radar „unterfliegen“.

Natürlich kann man auch einfach einen Rückspiegel montieren, wie ein Journalist bei der Garmin- Pressekonferenz spöttisch bemerkte. Und so hatten wir unser Rad auch mit einem Rückspiegel ausgestattet, um den Praxiseinsatz zumindest subjektiv zu vergleichen. Und dabei zeigte das Radar schon seine angenehmen Seiten: Gerade nachts oder in der Dämmerung mit den typischen, vielfältigen Lichtquellen einer städtischen Straßensituation konnte auch der Rückspiegel nicht immer Sicherheit vermitteln. Da waren wir schon froh über die Radarfunktion, die zwar keine absolute Sicherheit bietet, aber doch viel eindeutiger vor herannahenden Fahrzeugen warnt, als es der notwendige Blick in den Rückspiegel vermag. Gerade bei fast lautlosen Fahrzeugen wie E-Scootern oder schnell herannahenden Radfahrern schaut man eben nicht immer in den Spiegel.

Anbringung: schnell und individuell

Sehr praktisch: Auch das VARIA Radar besitzt das Garmin-Edge-typische Fahrradhalterungssystem, allerdings mit speziellen Sockeln für das Sattelrohr oder alternativ zur Befestigung an einer Strebe. Das funktioniert bei Standardrädern sehr gut. Optimal wäre aber eine neigungsverstellbare Lösung für Fahrzeuge, deren Anbringung nicht den typischen 15°-Neigungswinkel eines Sattelrohrs hat. Perfekt für Aerodynamiker: Ein zusätzlicher Adapter passt auf Sattelrohre mit ovalem Querschnitt.

Der Preis hat sich mit 199,- Euro (299,- Euro inklusive RDU-Display) gegenüber dem Vorgänger-Modell nicht verändert. Inzwischen ist es im Netz bereits deutlich günstiger zu haben.

Fazit:

Garmin hat seine Hausaufgaben gemacht und präsentiert mit dem neuen VARIA Radar 511 ein schickes, leichtes, funktionsfähiges und vor allen Dingen ausdauerndes Assistenzsystem, das im Test zuverlässig funktionierte und ein zusätzliches Gefühl von Sicherheit vermittelte. Insgesamt haben wir uns mit der High-Tech-Leuchte sehr gut angefreundet, wozu vor allem die einfache Handhabung und der problemlose Betrieb beitragen.

Sicher, knappe zweihundert Euro sind eine Menge Geld, und zusätzlich wird noch ein passendes Garmin-Display bzw. ein Garmin-Radcomputer notwendig. Garmin gebührt auf jeden Fall Lob für die Entwicklungsarbeit und den Mut, ein solches Gerät auf den Markt zu bringen, denn es wird sicher kein Verkaufsschlager wie die fenix5-Reihe.

Bleibt zu hoffen, dass es in Zukunft noch preiswerter auf den Markt gebracht werden kann, um Sicherheitsgewinn noch erschwinglicher zu gestalten.

Daten:

Größe: 98,6 x 19,7 x 39,6 mm

Getestete Software-Version: 3.50.

Wasserdichtigkeit: IPX7

Das Radar nutzt den WLAN-Funkstandard 2,4 GHz

www.garmin.com

3 Kommentare zu “Garmin Varia Radar 511: das helle Auge nach hinten

  1. Das Teil kann auch mit Wearables, wie z. B. der Fenix 5 plus Serie gekoppelt werden. Im amerikanischen Forum ist zu lesen, das im Standby-Modus das Gerät ohne Licht, aber mit funktionierender Radar laufen soll (entgegen der Beschreibung im Handbuch).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert