Traditionell stellt der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) jährlich auf der ITB Berlin seine aktuelle Radreiseanalyse vor, inzwischen zum 22. Mal und jetzt natürlich im Digitalformat. Über die Jahre hat sich die bundesweite Erhebung zur wichtigsten Datenquelle für Ausprägungen und Trends im Fahrradtourismus entwickelt. Im Gegensatz zu einigen anderen fahrradbezogenen Marktforschungen hat sie eine solide Datenbasis (in diesem Jahr fast 11.000 radaktive Menschen), wird wissenschaftlich begleitet und ist aufgrund ihrer Befragungsmethodik repräsentativ. Einen besonderen Wert erhält sie durch ihre über die Jahre gleichlautend gestellten Fragen, wodurch man die Entwicklungen der wichtigsten Trends im Radtourismus sehr gut verfolgen kann – beispielsweise, welche Hilfsmittel Radtouristen für die Planung heranziehen und welche Medien sie zur Orientierung unterwegs benötigen.
Während sich die Ergebnisse in einigen Bereichen kaum von den Vorjahren unterschieden – zum Beispiel bei den beliebtesten Radfernwegen und den beliebtesten Bundesländern sowie dem Übernachtungsverhalten von Radtouristen – gab es in diesem Jahr insbesondere bei der Nutzung digitaler Hilfsmittel deutliche Bewegungen.
Vorbereitung der Radreise: Papierkarten vor Apps
Auf die Frage „Welche Informationsquellen und Medien nutzen Sie hauptsächlich bei der Vorbereitung der Radreise?“ gaben mehr als drei Viertel der Befragten als Hauptquelle das Internet an (wenig verwunderlich), gefolgt von Empfehlungen von Freunden (43 %). Mit 42 % fast gleichauf liegen die klassischen Papierkarten, mit deutlichem Vorsprung vor Apps (35 %) und der Anfrage bei Tourist-Informationen (23 %). Der Anteil der Apps hat sich mit einem Prozentpunkt Plus gegenüber dem Vorjahr kaum verändert, und auch die Nutzung der anderen Medien schwankt nur gering.
Unterwegs: Wegweisung wichtiger als Apps
Bei der Frage „Welche Informationsquellen und Medien nutzen Sie hauptsächlich während der Radreise, zum Beispiel zur Orientierung?“ gaben etwa zwei Drittel der Radtouristen (69 %) die Wegweisung an, gefolgt von Apps (52 %) und Papierkarten (48 %). Tourist-Infos werden von einem Viertel der Befragten (25 %) während der Reise aufgesucht. Im Vergleich zum Vorjahr konnten sich die Apps nur minimal mit einem Prozentpunkt nach vorne bewegen, während die Fahrradkarten nur leicht an Bedeutung verloren, die Wegweisung hingegen schon deutlicher und relativ stark die Tourist-Infos nachließen.
Komoot – Superstar der Outdoor-Apps
Bei der Frage, welche Apps unterwegs genutzt werden, wurden hingegen wesentlich stärkere Bewegungen deutlich. Inzwischen nutzen fast zwei Drittel dieser App-affinen Radtouristen (63 %) unterwegs komoot – das ist eine Steigerung von 19 % gegenüber dem Vorjahr. Damit liegt komoot deutlich vor Google (59 %). Die anderen Apps folgen stark abgeschlagen im Bereich von 9-14 %, so etwa regionale Apps mit 14%, Outdooractive mit 12% und ÖV-Apps mit 10 %.
Die herausragende Rolle von komoot wird noch deutlicher, wenn man bedenkt, dass mit der Nennung „Google“ nicht etwa nur Google Maps gemeint ist, sondern sämtliche Google-Apps. Dieser Google-Bereich konnte dabei mit 27 % den höchsten Zuwachs verzeichnen. Der wissenschaftliche Leiter der ADFC-Radreiseanalyse, Dr. Bert Hallerbach, meinte in einem Gespräch mit Pocketnavigation, dass dies möglicherweise auf die Beteiligung vieler radtouristischer Neulinge im Zuge von Corona zurückzuführen sei, die unterwegs sehr viele Informationen einfach „googeln“ und Google Maps bereits von der Kfz-Navigation kennen.
Outdooractive konnte sich nur um 2 % gegenüber dem Vorjahr steigern. Vermutlich wird allerdings ein beachtlicher Teil der Nennungen zu „Regionalen Apps“ auch Outdooractive zuzurechnen sein, da viele dieser regionalen Apps auf Outdooractive basieren, wie beispielsweise die Tourismus-Apps des Saarlandes, des Sauerlandes, von Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern.
Die gute alte Karte ist weiterhin gefragt
Doch der Radtourismus boomt nicht nur digital. Fred Loose, Produktmanager bei BVA BikeMedia, dem Marktführer von Fahrradkarten in Deutschland, berichtete uns, dass insbesondere Radkarten und -führer für Tages- und Wochenendausflüge in 2020 erheblich stärker nachgefragt wurden als im Vorjahr. Selbst die Produkte, die für Radreisende als Zielgruppe gedacht sind, blieben stabil auf Vorjahresniveau, nur Auslandstitel gingen zurück.
Die gesamte ADFC-Radreiseanalyse – inklusive der Vorjahreserhebungen – ist hier downloadbar
(Sämtliche Bilder: ADFC-Radreiseanalyse 2021)