Die Smartphone App Smartnavi wirbt mit einer Navigation ohne die Verwendung satellitenbasierter Standortbestimmung wie GPS, Galileo oder Glonass. Als wesentlicher Vorteil wird die Energieeinsparung genannt, denn bekanntlich benötigt die Standortfunktion im Smartphone einiges an Energie. Der Standort in der Smartnavi App wird über die Distanz per Schrittzählung sowie die Messung der Bewegungsrichtung per Kompass ermittelt. Dabei muss der initiale Standort entweder auf der Karte manuell festgelegt werden oder einmalig per GPS ermittelt werden.
Wir haben die App ausführlich getestet und möchten in diesem Artikel unsere Erfahrungen teilen und unsere Einschätzung über die Nutzbarkeit der App teilen.
Bedingungen für die Nutzung der App
Zunächst muss klargestellt werden, dass die App nur funktionieren kann, wenn man zu Fuß unterwegs ist, denn die Messung der Distanz erfolgt über die Zählung der Schritte. Weiterhin ist es zwingend notwendig, das Smartphone exakt nach Vorne ausgerichtet zu halten, um den korrekten Kurs zu messen. Selbst unter der Annahme, dass die Ermittlung der korrekten Richtung durch den Sensor im Smartphone sehr genau ist, entsteht durch den Nutzer hier bereits ein hohes Fehlerpotenzial. Es ist nahezu unmöglich, das Smartphone immer genau in Laufrichtung zu halten und darüber hinaus sehr unbequem.
Die Schrittlänge wird von der App durch Eingabe der Körpergröße berechnet. Eine individuelle Schrittlänge kann nicht eingegeben werden. Die Schrittlänge kann aber von Person zu Person sehr individuell sein, selbst bei gleicher Körpergröße. Auch die Beschaffenheit der Strecke hat großen Einfluss auf die Schrittlänge. Bei starken Steigungen oder Gefälle sind die Schritte kürzer, bei schlechtem Untergrund ebenfalls. Hier ergeben sich demnach, wie schon bei der Richtung, größere Ungenauigkeiten.
Bedienung der App
Die Bedienung der App ist einfach und intuitiv möglich. Nach Eingabe der Körpergröße wird eine kurze Anleitung gezeigt, wie das Smartphone zu halten ist. Die App bietet eine simple Karte (optional mit Satelliten-Ansicht) mit der Möglichkeit, eine Route zu planen. Interessanter ist allerdings der Hintergrundmodus. Ist die App in den Entwickleroptionen als Fake-GPS-App hinterlegt, kann jede Navi-App das „GPS-Signal“ der Smartnavi App nutzen.
Auch die Optionen sind übersichtlich. Wichtig ist hier vor allem die Autokorrektur über GPS, welche sich in drei Stufen (Hohe Akkulaufzeit, Ausgewogen, Hohe Genauigkeit) einstellen lässt. Offline-Karten bietet die App nicht, jedoch eine Anleitung, wie man andere kostenlose Apps mit Offline-Karte nutzen kann.
Unser Test
Wir haben die App auf unserer GPS-Teststrecke verwendet. Obwohl die Strecke kein schwieriges Terrain im Sinne von Steigung, Wegbeschaffenheit etc. aufweist, waren die Abweichungen bereits nach einer kurzen Strecke enorm und weit entfernt von einer praxistauglichen Toleranz. Zum Vergleich haben wir die GPS-Uhr Garmin Instinct Solar verwendet, die einen guten GPS-Empfang vorzuweisen hat (mehr dazu in unserem ausführlichen Test der Garmin Instinct Solar…)
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Mehr InformationenDer rote Track zeigt die Aufzeichnung der Smartnavi-App ganz ohne die Verwendung von GPS. Bereits nach wenigen Metern beginnt der Track „wegzulaufen“ Interessanterweise passt die Gesamtdistanz recht gut und wurde für den roten Track mit 2,32 km berechnet. Im Vergleich dazu hat die Garmin Instinct über GPS eine Distanz von 2,26 km summiert. Der grüne Track zeigt die Aufzeichnung der Smartnavi-App mit der Einstellung „Autokorrektur über GPS – ausgewogen“. Durch die Korrektur entstehen Sprünge, was die Gesamtdistanz aufsummiert. Der grüne Track hat daher eine Länge von 2,62 km, was bereits eine positive Abweichung von ca. 15 Prozent darstellt. Der grüne Track korrigiert die Position alle 1-2 Minuten, was den Track insgesamt etwas genauer, aber gegenüber einem reinen GPS-Track immer noch sehr ungenau aussehen lässt.
Fazit
Die Trackauswertung zeigt klar: Ohne GPS geht es nicht. Die Abweichungen summieren sich schnell auf und die Position ist bereits nach wenigen Hundert Metern unbrauchbar und zwar sowohl im Gelände als auch in der Stadt. Für sehr kurze Distanzen von wenigen Hundert Metern mag die Genauigkeit ausreichen, allerdings ist auf diese kurze Distanz auch die mögliche Energieeinsparung absolut zu vernachlässigen. Ob man nun bei einer 5 Minuten Navigation mit oder ohne GPS navigiert, wird auf die Akkulaufzeit keinen wesentlichen Einfluss haben. Ein echter Vorteil wäre die mögliche Energieeinsparung durch den Wegfall von GPS, wenn man über Stunden in diesem Modus navigieren könnte, was definitiv nicht der Fall ist.
Die Genauigkeit hängt maßgeblich von der Kursermittlung ab. Hier mag es durchaus Qualitätsunterschiede zwischen Smartphones geben, allerdings ist gerade die Kursermittlung über den Magnetkompass des Smartphones empfindlich gegenüber Störeinflüssen wie z.B. Hochspannungsleitungen oder sonstigen elektronischen Geräten. Besonders beim Einsatz in der Stadt ist deshalb mit weiteren Ungenauigkeiten zu rechnen.
Unserer Meinung nach gibt es daher für Smartnavi App keinen wirklich sinnvollen Anwendungsfall. Möchte man Akkulaufzeit sparen, könnte man die Autokorrektur verwenden und so immerhin noch brauchbare Tracks erreichen. Allerdings muss man dafür dennoch die ganze Zeit das Smartphone perfekt ausrichten, da sich sonst die Strecke zu stark summiert. Gute (Outdoor-) Navi-Apps können aber auch ohne die Verwendung einer zusätzlichen App wie Smartnavi den Akkuverbrauch reduzieren, indem das GPS-Intervall frei einstellbar ist. Stellt man das Intervall in einer solchen App (z.B. TwoNav) z.B. auf 60 Sekunden, ist der Akkuverbrauch sehr gering und die Trackqualität in Ordnung. Zwar werden die Trackpunkte nur verbunden, auf die Gesamtdistanz hat diese Art aber weniger schädlichen Einfluss als die Autokorrektur von Smartnavi.
Der höchste Stromverbrauch bei einer Smartphone-Navigation wird durch das Display verursacht und nicht durch den GPS-Empfang. Das Einsparpotenzial ist daher bereits aus diesem Blickwinkel als gering einzustufen. Benutzt man das Smartphone wirklich für sehr lange Touren, sollte man den Einsatz von Powerbanks in Erwägung ziehen. In unserem Powerbank-Vergleich finden sich viele passende Modelle…
Ist die App Smartnavi also komplett nutzlos? Wir sind der Meinung, die App hat durchaus Einsatzmöglichkeiten. Die Smartnavi bietet z.B. die einfache Möglichkeit, einen GPS-Standort zu „simulieren“, was für viele Anwendungsfälle hilfreich sein kann z.B. beim Testen anderer Apps wenn kein echtes GPS-Signal zur Verfügung steht (InDoor). Darüber hinaus hat das Testen und Rumspielen mit der App durchaus Spaß gemacht. Das diese Art der Standortbestimmung überhaupt im Ansatz klappt, kann durchaus ein faszinierende Erlebnis sein. Daher unsere
Empfehlung: Probiert die App durchaus mal aus und schreibt uns doch in den Kommentaren Eure Erfahrungen und Meinung zu dieser alternativen Positionsbestimmung!
Smartnavi sammelt aktuell über Kickstarter Geld für weitere Marketingaktivitäten (zur Kampagne…) und vielleicht könnt Ihr die App unterstützen. Denn auch wenn die App in der Praxis unsere Erwartungen nicht ganz erfüllt hat, die App ist kostenlos, Open Source und wirklich gut gemacht. So was ist nicht selbstverständlich!
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Abhaken, App löschen, vergessen und fertig.
Denke mal, das ist auch so eine Art Konzeptstudie. Bei Fitnesstrackern ohne GPS-Funktion finden ja ähnliche Algorithmen Verwendung.
Kann mir gut vorstellen, dass die Nutzung von Bewegungssensoren in Kombination mit einem Kompass noch nicht ganz ausgereizt ist. Freilich wird das nie die Genauigkeit eines GPS erreichen, aber womöglich gibt es Szenarien (z.B. Indoor-Navigation) bei denen sowas Sinn machen kann. Wobei die Indoor-Navigation ja immer mehr auf Wifi und Bluetooth Signale aufsetzt.
Wie auch immer, werde die App vielleicht auch mal testen 🙂