Die Entwickler von WhatsApp Inc. haben eine neue Beta-Version zum Download freigegeben. Die Redakteure des Twitter-Kanals WABetainfo haben sowohl in der Android-Beta- (Version 2.16.399) als auch der iOS-Beta-Version (Version 2.17.3.28) das neue Feature ‚Live Locations‘ entdeckt. Mit dieser Funktion soll es künftig möglich sein, den Standort der Gruppenmitglieder eines Chats per Live-Tracking finden zu können.
Permanent oder für wenige Minuten
Die GPS-Ortung in Echtzeit könnte gerade in Großstädten, bei Festivals oder auch als Tourist in einer geführten Gruppe hilfreich sein. Verliert man sich einmal, muss man nicht permanent den eigenen Standort durch Nachrichten beschreiben. Die App bietet weiterhin die Möglichkeit individuell zu entscheiden, ob man den Standort permanent oder nur für 1, 2, oder 5 Minuten mit der Gruppe teilen möchte. Die Nutzung der neuen Live-Tracking Funktion setzt eine stabile Datenverbindung und ausreichend GPS-Empfang voraus.
Keine automatische Aktivierung
In der aktuellen Release Version kann der Standort nur einmalig geteilt werden. Die neue Live-Tracking Funktion dürfte vor allem Datenschützer alarmieren. Es gibt jedoch auch genügend private Personen, die sich ohnehin schon Sorgen um all ihre Daten machen, welche ihr Smartphone tagtäglich durch diverse App’s verarbeitet. Eine kleine Entwarnung gibt es zumindest: Die Live-Tracking Funktion wird durch What’sApp nicht automatisch eingeschaltet. Der Nutzer muss diese in den Einstellungen erst aktivieren.
Versuchung für Eltern
Bezüglich der neuen Live-Tracking Funktion wurde der Kölner IT-Anwalt Christian Solmecke interviewt. Für Solmecke könnte die neue Funktion gerade „Helikopter-Eltern“ verzücken. Ohnehin schon überbehütete Kinder würden dann noch mehr durch die Ängste der eigenen Eltern eingeengt. Für den Anwalt ist diesbezüglich klar, Eltern sind, ab einer bestimmten Altersgrenze der Kinder, nicht mehr berechtigt diese zu Orten. Ab etwa 14 Jahren können Kinder mitbestimmen, ob sie geortet werden wollen oder nicht. Bei noch sehr jungen Kindern hingegen bleibt es Abwägungssache.
Könnten Kinder Live-Tracking nutzen?
Bei der Nutzung der App durch Kinder stellt Solmecke heraus, dass die Tracking Funktion sogar ein Einverständnis der Eltern erfordern würde. „Letztlich verzichten die Nutzer damit auf einen Teil ihrer Persönlichkeitsrechte. Das Ausmaß dieses Verzichts können gerade junge Menschen kaum einschätzen.“ Zumal auch das Mindestalter in den Nutzungsbedingungen der App die Verwendung durch Kinder einschränken sollte.
WhatsApp Nutzungsbedingungen: Mindestalter
Doch hatte WhatsApp in seinen Nutzungsbedingungen vor dem August 2016 noch ein Mindestalter von 16 Jahren, wurde dies im Zuge der Aktualisierungen auf 13 Jahre gesenkt. Das könnte an der Anpassungen der Nutzungsbedingungen an das Mutterunternehmen Facebook gelegen haben. WhatsApp weist in den Bedingungen aber ebenfalls daraufhin, dass je nach Herkunftsland des Nutzers andere Alterbeschränkungen gelten können.
In Deutschland nicht eindeutig
Bisher ist die Frage nach der Altersbeschränkung in Deutschland noch nicht eindeutig zu beantworten. Das Amtsgericht in Bad Hersfeld formulierte dazu in einem Fall im August 2016 folgenden Passus: „Das Gericht ist nach seinen Erfahrungen […] der Überzeugung, dass die Nutzung des Messengers „WhatsApp“ von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren grundsätzlich eine Gefahr für ihre Privatsphäre und ihre Entwicklung darstellt, wenn nicht die Kinder vor jener Nutzung einen ausgeprägten verantwortungsvollen Umgang mit den Funktionen und den Risiken der Anwendung aufgezeigt bekommen haben und wenn sie nicht bereits eine besondere geistige Reife und vorausschauende Sicht im Hinblick auf die Nutzung dieses digitalen, umfassend vernetzten Kommunikations-Mediums aufweisen.“
Die Realität sieht jedoch meist anders aus. Die Aktuelle JIM-Studie 2016 (JIM = Jugend, Information, Multimedia) zeigt, dass 91% der befragten Zwölf- bis Dreizehnjährigen Kinder WhatsApp nutzen. Die mögliche Live-Tracking Funktion würde somit den Großteil aller Kinder betreffen.
EU-Datenschutz-Grundverordnung
Um das Mindestalter künftig eindeutig klären zu können, ist eine EU-Datenschutz-Grundverordnung ab Ende Mai 2018 geplant. Die Verordnung soll eine EU-weite Verschärfung hinsichtlich des Mindestalters erzielen. Zu den Erwägungsgründen heißt es dazu bisher: „Kinder verdienen bei ihren personenbezogenen Daten besonderen Schutz, da Kinder sich der betreffenden Risiken, Folgen und Garantien und ihrer Rechte bei der Verarbeitung personenbezogener Daten möglicherweise weniger bewusst sind. Ein solcher besonderer Schutz sollte insbesondere die Verwendung personenbezogener Daten von Kindern für Werbezwecke oder für die Erstellung von Persönlichkeits- oder Nutzerprofilen und die Erhebung von personenbezogenen Daten von Kindern bei der Nutzung von Diensten, die Kindern direkt angeboten werden, betreffen.“
WhatsApp Live-Tracking Test
Live-Tracking kann kontrovers diskutiert werden, letztendlich bleibt es jedoch immer noch die eigene Entscheidung ob und wann man die neue Funktion nutzt. Gebrauchen Eltern diese verantwortungsvoll und sprechen eine Nutzung mit ihren Kindern zuvor ab, könnte es ihren Schützlingen sogar zu mehr Freiheit verhelfen. Denn zu wissen wo sich die Liebsten befinden, gibt ein Gefühl von Sicherheit. Da heute aufwachsende Kinder, gerade durch Sicherheitsbedenken der Eltern, nur noch einen verkleinerte Bewegungsradius in ihrem Lebensumfeld haben, kann die App dabei Abhilfe schaffen.
Um die Funktionalität des WhatsApp Live-Trackings in der Praxis zu überprüfen, werden wir in den nächsten Wochen die Beta-Version ausprobieren und dazu einen Testbericht schreiben.
Warum jetzt so ein Aufschrei? Über google+ geht das doch schon ewig, und ein paar andere Apps können das auch (wie zum Beispiel auch die Garmin GPS die SmartLink haben).