Taschenwärmer Konzepte im Vergleich
Inhaltsverzeichnis
Möchte man in der kalten Jahreszeit unterwegs ein GPS-Gerät oder Smartphone bedienen, so hat man zwei Möglichkeiten: man versucht es mit Handschuhen, vorzugsweise Smartphone Handschuhen, zu bedienen und oder man beißt die Zähne zusammen und bedient es mit den nackten Fingern, was meist die bessere Lösung ist. Besonders im zweiten Fall wäre es schön, wenn man auch unterwegs die Gelegenheit hat, seine Finger wieder schnell auf Temperatur zu bringen. Für diesen und andere Anwendungsfälle gibt es sog. Taschenöfen, Handwärmer, Taschenwärmer in unterschiedlichsten Formen und mit unterschiedlichen Energiequellen. Wie unterscheiden sich die Konzepte und welches ist für meine Anforderung das am besten geeignete? Dieser Frage möchten wir mit diesem Vergleichstest eine Antwort liefern.
Oxidation
Bei der Oxidation von Metallen entsteht eine beachtliche Menge an Reaktionswärme. Handwärmer mit Eisenpulver sind luftdicht verpackt. Mit Öffnen der Verpackung gelangt Luftsauerstoff an das feine Eisenpulver und die chemische Reaktion beginnt. Aktivkohle und Salze dienen zur Reaktions- beschleunigung. Zum Beginnen der Reaktion ist eine Startenergie nötig. Bei Minusgraden muss zunächst durch Kneten und mit Handwärme gestartet werden. Wird der Handwärmer zu kalt, bricht die Reaktion zusammen. Die Energieaus- beute ist beachtlich und wird über einen sehr langen Zeitraum abgegeben. Durch Kneten wird die Reaktion beschleunigt. Leider ist die Reaktion nicht reversibel (zumindest nicht im Handwärmer) und die Hand- wärmer müssen nach ein- maliger Benutzung entsorgt werden.
keine Emission
klein und leicht
lange Wärme
Zusatznutzen (Lader)
nur einmal nutzbar
Startwärme nötig
recht teuer
Akku
Ein Akku speichert elektrische Energie und kann diese über Heizelemente in Form von Wärme wieder abgeben.
Leider ist selbst bei modernen Lithium-Ionen Akkus die Energiedichte im Vergleich zu anderen Energieträgern nicht sehr hoch, daher haben Akku-Taschenwärmer keine hohe Kapazität.
Der Vorteil ist die besonders einfache Handhabung und der emissionsfreie Betrieb. Die Akku-Taschenwärmer können über jeden USB-Anschluss oder über ein USB-Netzteil geladen werden.
Einige Akku-Taschenwärmer können darüber hinaus die gespeicherte Energie auch wieder an andere Geräte weitergeben und diese unterwegs aufladen. Auch Modelle mit eingebauter Taschenlampe sind verfügbar.
keine Emission
preiswert im Betrieb
Unterbrech. möglich
geregelte Temperatur
Zusatznutzen (Lader)
lange Ladezeit
geringe Kapazität
Kristallisation
Wenn Salze kristallisieren, wird die sog. Kristal-lisationsenergie frei. Einige Salze, z.B. das häufig in Handwärmern genutzte Natriumacetat, schmilzt unter Hitze und löst alle Kristalle. Beim Abkühlen kristallisieren die Salze nicht von alleine aus, sondern bilden eine unterkühlte Schmelze. Durch einen mechanischen Auslösereiz (Knackfrosch) wird die Kristallisation aktiviert, die Wärmeabgabe beginnt. Die Wärmeausbeute ist kurzfristig recht hoch, fällt aber schnell ab. Zum Aufladen muss das Kristallgitter wieder aufgelöst werden. Dazu muss der Handwärmer einige Minuten in kochendem Wasser reaktiviert werden, eine energieaufwendige Sache. Vor allem bei grober Behandlung kann es vorkommen, dass die Kristallisation auch ungewollt startet.
keine Emission
schnell viel Wärme
preiswerte Anschaffung
kompliziertes Aufladen
geringe Kapazität
Benzin
Benzinbetriebene Handwärmer verbrennen Benzin katalytisch, also ohne offene Flamme. Das Benzin wird in eine Vorratskammer gefüllt, aus der es nach und nach verdampft. Die Benzindämpfe werden an einem Katalysatormaterial verbrannt und entwickeln dabei die über das Metall-gehäuse verteilte Hitze. Die Temperatur ist dabei von unterschiedlichen Faktoren wie z.B. der Sauerstoffzufuhr und der Temperatur selbst abhängig. Daher kann die Temperatur erheblich schwanken oder bei zu wenig Sauerstoff die Verbrennung abbrechen.
Die Unterbrechung der Sauerstoffzufuhr kann auch gezielt zum Löschen des Ofens genutzt werden (z.B. Plastikbeutel). Es wird normales Feuerzeugbenzin verwendet, welches weltweit gut und günstig zu beschaffen ist. Die Energie-dichte von Benzin ist unübertroffen.
sehr hohe Kapazität
hohe Temperatur
schnell neu befüllt
Benzingeruch
teil. schwierig zu füllen
kalt schwer zu starten
Temperatur-schwankung
Aktivkohle
Taschenöfen mit Aktivkohle gibt es bereits sehr lange. Ein Stück Aktivkohle wird in einen mit Glasfaser (Achtung früher Asbest!) ausge- kleideten Brennraum gelegt und von einer oder zwei Seiten angezündet. Die Hitzeentwicklung ist stark von der Sauerstoffzufuhr abhängig und kann enorm hoch werden (Brandgefahr!). Ein spezieller Beutel soll zu viel Sauerstoff verhindern und einen gleichmäßigen Abbrand ermöglichen. Die Hitze kann nur beim Starten reguliert werden, indem man ein, zwei oder sogar drei Stellen anzündet. Die Energiedichte von Kohle ist sehr hoch, auch wenn sie nicht ganz an Benzin heranreicht. Spezielle Aktivkohlestäbchen sind nicht ganz preiswert, aber recht weit verbreitet. Ein großer Nachteil sind stinkende Verbrennungsabgase, welche dem Träger des Taschenofens noch lange in der Nase bleiben.
hohe Kapazität
sehr hohe Temperatur
schnell neu befüllt
Verbrennungsabgase
spezieller Brennstoff
Temperatur-schwankung
Vergleichstest
Gruppenbild von links nach rechts:
Pearl firebag – Semptec (Benzin) – Semptec (Kohle) – ZIPPO – HEIZ-POD – ProIdee Akku – Pearl inFactory – Pearl newgen medicals
Die Kapazität in Wattstunden wurde theoretisch ermittelt, indem die Energiedichte von Lithium-Ionen-Akkus, Benzin, Aktivkohle bzw. die Reaktionsenergie von Oxidation bzw. Salzkistallisation berechnet wurde. Die Werte sind daher nur Näherungswerte, die durch unsere Testreihe jedoch bestätigt wurden! Alle Testkandidaten gleichen ihre Stärken und Schwächen mehr oder weniger aus, daher liegt das Endergebnis aller Produkte nicht weit auseinander, obwohl die Produkte sehr unterschiedlich sind. Wichtiger als das Gesamtergebnis sind daher die persönlichen Anforderungen und Erwartungen an einen guten Taschenwärmer!
Hersteller Typ | Gewicht | Heiz- fläche | Kapa- zität | Tempe- ratur | Emission | Bedie- nung | Zyklen | Preis pro Ladung | Summe | Preis | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Pearl revolt 2in1 Akku | 143 g | ~ 110 cm2 | ~ 16 wh | ~ 68-72 °C*** | 200-400 | 5 Cent | 1,9 | ||||
ProIdee Akku | 133 g | ~ 100 cm2 | ~ 14 wh | ~ 43,5 °C | 300-500 | 7,5 Cent | 1,9 | ProIdee EUR 29,90 |
|||
Heiz-POD Akku | 72 g | ~ 65 cm2 | ~ 6 wh | ~ 41,5 °C | 300-500 | 7 Cent | 2,1 | ||||
Zippo Benzin | 90 g | ~ 160 cm2 | ~ 125 wh | ~ 50-52,5 °C | 70-80 (Kopf) | 35 Cent | 2,2 | ||||
Pearl Semptec Kohle | 104 g | ~ 225 cm2 | ~ 50 wh | ~ 40-80 °C | beliebig | 32,5 Cent | 2,3 | ||||
Pearl newgen medicals Eisen | 31 g | ~ 80 cm2 | ~ 35 wh | ~ 40-47 °C | Einweg | 74,5 Cent | 2,5 | ||||
ThermoCELL HeatPacks Akku | 42 g | ~ 22 cm2 | ~ 3,7 wh | ~ 41-45 °C | 300-500 | 14,9 Cent | 2.6 | 119,90 EUR bei Frankonia | |||
Pearl Firebag Salz | 122 g | ~ 155 cm2 | ~ 4-5 wh | ~ 35-50 °C | <img src="/pictures/vg/2.0b.gif" alt="2" title="anfänglich starke Kunststoff- ausdünstungen, abnehmend" | ~ 500 | 10-15 Cent | 2,6 | No products found. |
||
Pearl inFactory Akku | 48 g | ~ 82 cm2 | ~ 6 wh | ~ 41 °C | 300-500 | 4 Cent | 3,0* | ||||
Pearl Semptec Benzin | 72 g | ~ 140 cm2 | ~ 150 wh | NA | 20-30 (Kopf) | 45 Cent | 5,0** |
* Abwertung: von 20 Testgeräten waren 8 Geräte ohne Funktion
** Abwertung: schwer anzündbar und brannte im Test nur wenige Minuten (zwei Testgeräte)
*** Abwertung: schlechte Temperaturregelung (siehe Test)
Temperaturen und Laufzeiten
Das folgende Diagramm zeigt den zeitlichen Verlauf der Temperaturentwicklung. Zu beachten ist, dass durch unterschiedliche Materialien und vor allem über unterschiedlich große Oberflächen bei gleicher Temperatur nicht unbedingt die gleiche Energie abgegeben wird. Daher ist vor allem die Heizoberfläche (siehe Tabelle) im Verhältnis zur Temperatur von entscheidender Bedeutung. Die Temperaturen wurden bei + 20 °C Umgebungstemperatur gemessen. Diese Temperatur wird in einer Hosentasche in der Regel problemlos erreicht, so dass die Laufzeiten mit den meisten Herstellerangaben übereinstimmen und realistisch sind.
Nimmt man die Taschenwärmer jedoch bei tiefen Minusgraden aus der Tasche und hält sie stattdessen offen in der Hand, reduzieren sich die Laufzeiten erheblich. Als ausreichend warm wird man unter diesen Bedingungen nur die stärkeren Taschenwärmer empfinden.
Ausführliche Berichte zu allen Taschenwärmern: nächste Seite…
Ich habe japanische Handwärmer (Oxidation) geschenkt bekommen. Ich verstehe kein Wort auf dem Etikett, aber eine Jahreszahl. So nehme ich an, es gibt ein Verfallsdatum ???? z.B. steht hier 2003.12
Der Inhalt ist hart und wird nicht warm beim Kneten.
Gruß – Hanne
guten Tag, woran kann ich erkennen ob mein Handwärmer noch Asbestfaser hat?
als Laie so vermutlich gar nicht, wir hatten die Fasern in ein Labor gesendet um das zu prüfen…
Von wann ist denn der Taschenwärmer? Also bei Produkten aus Fernost weiss man natürlich auch nie, hier ist Asbest verboten, in vielen Ländern aber noch nicht.
danke für Resonanz. Wiee war denn das Laborergebnis? Alter schätze ich um die 1970. Habs mir grad unter dem Mikro angesehe. Ist glatte lange faser, ser brüchig. Ich glaub ich schmeiß es einfach weg 🙂
Wenn der Taschenwärmer aus den 70er-Jahren ist, enthält er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Asbest. Das war früher das Produkt der Wahl bei solchen Anwendungen, speziell in den 60er und 70er Jahren. Erst ab Mitte der 90er Jahre kann man sicher von asbestfreien Materialien ausgehen.
Nicht zu vergessen ist auch wie bereits angesprochen das billige Konsumprodukte aus Asien wie Toaster, Haarföne und ähnliches auch heute wieder Asbest enthalten. In Asien und Russland ist Asbest als Baustoff normal genutzt, wie früher bei uns. Gut das sie das Teil weggeschmissen haben, Sicherheit geht vor und die Gefahren von Asbest sollte man nicht unterschätzen.
Danke Martin für die Antwort. Teil ist zwischenzeitlich entsorgt. Ich schließe den Austausch. mfG Ulrich
Drei kleine Anmerkungen zu den Benzinern.
1. Hier sollte eigentlich nichts brennen, sonst geht der Glühkopf kaputt. Wer eine lodernde Flamme sieht, der macht was falsch. Es kommt ein Platinkatalysator zum Einsatz und dort findet sich der Qualitätsunterschied. Meiner stammt von Japan und macht schon fünf Jahre lang keine Probleme. Billige Taschenwärmer arbeiten mit viel weniger Platin oder Ersatzstoffen und dann muss man den Kopf wesentlich häufiger wechseln.
2. Das Anglühen geht am Besten mit einem Jetflame / Glühpunkt Feuerzeug. So startet man selbst bei Wind in 15-30 Sekunden. Betriebszeit mit vollem Tank etwa 24h (selbstredend kann man auch vorrausschauend die Füllmenge entsprechend an die gewünschte Zeit anpassen).
Wer tatsächlich mal mehr braucht, kann einfach pro Tag einen Trichter voll Feuerzeugbenzin mitnehmen. (20ml?) Damit liegt die „Nachladezeit“ bei einer Minute. Und wer sich umguckt, findet die passende Feuerzeuge auch deutlich unter fünf Euro.
3. Der Einsatzbereich von den Benzinern ist draußen – und zwar lange draußen. Wer den Prozess unterbrechen will, benötigt einfach nur eine verschließbare Plastiktüte (ZIP-Verschluss oder ähnliches). Kein Sauerstoff, keine Reaktion – und aus. Vielleicht nicht ganz so schnell wie einen Knopf drücken, aber mehr als maximal 1-2 Minuten braucht es dafür auch nicht. Hier lieg aber auch der Knackpunkt. Benzin verdunstet auch ohne Gebrauch, da man den Tank des Taschenwärmers nicht verschließen kann. Daher kommt der leichte Geruch und meine Empfehlung, diese wegen der Verdunstung nur drau0en zu verwenden. Wer will schon in einem Raum sitzen, aus dem der Benzindampf nur schwer entweichen kann?
Daher ist der Einsatz von elektrischen Taschenwärmern besser im Innenbereich – zum Beispiel bei Pendlern im öffentlichen Nahverkehr oder nach dem Eiskratzen beim Auto. Sie sind keine Dauerläufer, aber je nach Energiedichte reichen sie für 30 Minuten bis ein paar Stunden. Und man hat in der Regel noch eine Ladefunktion von USB Geräten gleich mit dabei.
Vielen Dank für die Übersicht. Vor allem die Vorstellung der leistungsstärkeren Varianten.